Regierungssitz des größten Weltreiches
Von Ulaanbaatar (UB) aus starte ich mit dem Linienbus in Richtung Zentralmongolei. Nach gut 6 Stunden Fahrt erwartet mich Geya vom gleichnamigen Guesthouse am Busstop in Kharkhorin (Karakorum). Ich beziehe ein Ger im Camp und lasse es mir in der wärmenden Sonne gut gehen. Dieser kleine Ort mit seinen 8000 Einwohnern liegt ca. 320 Kilometer westlich von UB und zählt zum UNESCO-Welterbe. Hier befand sich vor mehreren hundert Jahren ein politisches Zentrum weiter Teile Zentralasiens. Der Grundstein des alten Karakorum wurde schon im 8. Jahrhundert während der Uigurenzeit gelegt. Während der Herrschaft Chingghis Khaans sollte hier seine Hauptstadt entstehen. Allerdings wurde damals die neue Stadt erst nach seinem Tod errichtet. Schon sein Enkel Kublai Khan verlegte den Regierungssitz dann in das heutige Peking. Später wurde die Stadt von den Manchuren zerstört. Zu den wenigen übrig gebliebenen Spuren zählen einige Schildkröten Skulpturen aus Stein.
200 Jahre nach seinem Untergang begann die zweite Blüte von Karakorum als Sitz des Klosters Erdene Zuu (Hundert Schätze). Es wurde 1586 als das erste buddhistische Kloster der Mongolei gegründet. Zu seinen Glanzzeiten beherbergte es über 1000 Mönche. Zusammen mit Kharkhorin wurde es von den Manchu zerstört und erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts wieder hergestellt. Die zweite Zerstörungswelle brachten die stalinistischen „Säuberungen“ um 1930. Erst nach Etablierung der Demokratie in der Mongolei konnte das Kloster als religiöses Zentrum wieder in Betrieb genommen werden. Der Wiederaufbau ist ein wichtiges nationales Projekt. Das Areal wird von einer grossen Mauer mit 108 Stupas umschlossen.
Wohnsitz des ersten lamaistischen Oberhauptes
Kharkhorin liegt am Fluss Orchon. Das Orchon Tal wurde von der UNESCO 1994 in die Liste der Stätten des Weltkultur- und Naturerbes aufgenommen. Hier befinden sich wichtige historische Stätten die bis ins 4. Jahrhundert und sogar noch weiter reichen. Ich miete mir einen Fahrer und mache zusammen mit ihm einen Tagesausflug durch das schöne Flusstal. Entlang der sanften grünen Hügel entdecke ich beim Vorbeifahren am Felsen ein Adlernest und auf der Wiese gehen die Bewohner spazieren. Tagesziel soll heute das Kloster Tuvkhun sein, was selbst wie ein Adlerhorst im Felsen thront. Doch bevor wir es erreichen, bleibt das Auto in der nassen Wiese stecken Erst nach drei Stunden „Befreiungsaktion“ vom Fahrer kann ich den Ausblick vom Tempel genießen.
Hier lebte, meditierte und entwickelte Öndör Gegeen Dsanabadsar das erste religiöse Oberhaupt des Lamaismus in der Mongolei 1686 die Schrift sojombo. Sie basiert auf dem Lantsa Devanagari und kann sowohl mongolisch, tibetisch als auch Sanskrit repräsentieren. Da das Sojombo Alphabet eher umständlich zu schreiben und gerade durch seine Exaktheit nicht optimal für die Wiedergabe der unterschiedlichen mongolischen Dialekte geeignet ist, setzte es sich nicht als alltägliche Schrift durch. Sein Anfangssymbol ziert jedoch noch heute die Nationalflagge der Mongolei. Das Sojombo Symbol repräsentiert die Geschichte, Tradition und Unabhängigkeit der Mongolen. Mir wurde berichtet, dass Kinder von der 3. bis zur 5. Klasse lesen und schreiben der traditionellen mongolischen Schrift lernen.
Unterwegs in der Kältekammer
Weiter geht die Fahrt mit dem Linienbus nach Tsetserleg zur Hauptstadt des Bezirkes Arkhangai. Dort quartiere ich mich für zwei Nächte in ein Hotel ein, weil das angeblich so tolle Guesthouse fast das Doppelte kostet! Es ist noch Vorsaison und kaum ein Tourist ist hier unterwegs. So besichtige ich allein das Klostermuseum Zayaiyn Khuree aus dem 16. Jahrhundert mit seinen Felsmalereien, die so tief in den Felsen eingemeißelt und mit Farben ausgemalt wurden, dass trotz mehrfacher Versuche der kommunistischen Machthaber deren Entfernung nicht gelang.
Auf dem lokalen Markt kann man ALLES kaufen, was ein Mongole so braucht: Ger + Zubehör, Motorräder, Tiere lebendig oder geschlachtet, traditionelle mongolische Kleidung und auch alles fürs Pferd. Ein neues Ger inkl. Ofen kostet so um die 1000 Euro. Schade, dass kein Platz im Rucksack ist 😉
Aller zwei Tage fährt der Linienbus weiter bis zum nächsten westlichen Fernziel Tariat. Gemeinsam mit Ana aus Slowenien quartiere ich mich in Tunga´s Guesthouse ein. Wir freuen uns über ein geheiztes Zimmer und staunen nicht schlecht, dass auf den Bergen rings herum noch etwas Schnee liegt. Ana möchte weiter zum Terkhiyn Tsagaan Nuur dem „Weißen See“ laufen und ich buche einen dreitägigen Ausritt rund um den See. Der See liegt auf 2020 Meter Höhe und hat seinen Namen dadurch, weil seine Eisdecke meist bis Mitte Mai noch geschlossen ist. Zusammen mit dem ältesten Sohn von Tunga (Towscoo, 17) und einem Packpferd geht der Ausritt los. Es weht ein scharfer eiskalter Wind und schnell sind meine Hände und Füße starr vor Kälte. Bei einem Zwischenstopp im Haus einer mongolischen Familie erwärme ich meine Gliedmaßen am Ofen. Mein Pferd kennt den Weg und bleibt an einem Pfahl stehen. Hier ist im Sommer das Ger Camp der Familie. An unserem Tagesziel bauen wir unsere Zelte auf, binden die Pferde fest, entfachen ein Feuer und kochen das Abendessen darauf. Am nächsten Morgen staune ich nicht schlecht, als ich aus dem Zelt schaue. In der Nacht vom 31. Mai zum 1. Juni hat es geschneit und es liegen rings herum 10 cm Neuschnee. So wird es wohl mit dem Weiterritt nichts werden! Wir packen zusammen und reiten im Schneesturm, der uns waagerecht um die Nase fegt, zurück.
So bin ich also schneller als gedacht wieder im „geheizten“ Quartier. Am nächsten Tag ist der Schnee weg und noch ein Ausritt zum Khorgo Vulkan bei schönem Wetter möglich. Das Reiten auf mongolischen Pferden macht mir Spaß, vorausgesetzt man hat einen komfortablen Ledersattel und keinen mongolischen aus Holz! Auf jedes meiner Bewegung am Zügel wird sofort reagiert und schon eine sanfte Berührung meiner Füße am Bauch startet den „Turbodiesel“ und das Pferd sprintet los, was ich wieder mit dem Zügel zum Halten bringe. Mit der Zeit begreife ich wie Gaspedal und Bremse an meinem Fortbewegungsmittel funktionieren 😉 und kann so entspannter die grandiose Landschaft genießen. Die Familie hat eine Herde von über 40 Tieren. Die Pferde bekommen keine Namen. Sie dienen zum Reiten, zum Melken und als Nahrung.
Krümelmonster mit Disziplin
Ich staune nicht schlecht, als ich vom Fenster aus Radfahrer auf das Guesthouse zukommen sehe. Die französische Familie Nico (39), Annekatrin (35), Noé (8) und Tom (6) möchte mit ihren Kindern durch die Mongolei, über Kasachstan, Kirgistan, China weiter nach Nepal radeln, wo sie 5 Monate in einem Hilfsprojekt mit arbeiten wollen. Blog der französischen Familie
Sie haben ihre Kinder für ein Jahr aus der Schule genommen, den Arbeitsplatz gekündigt, ihr Haus untervermietet und einen Sponsor gefunden. Ein weiteres Vorhaben ist es, in jedem Land mit den Kindern in der Schule in Kontakt zu treten. So besuchen wir gemeinsam mit Tunga die Schule des Ortes, wo 120 Schüler zwischen 7 und 17 unterrichtet werden. Die Familie stellt anhand eines Globusballes ihr Projekt vor und Tunga übersetzt ins mongolische. Dann wird noch ein Becher Song einstudiert und das Treffen mit einem Gruppenfoto gewürdigt.
Einmal gekühltes Bier mit heißem Hintern bitte
Drei Mal wöchentlich fährt auch der Bus von Tariat wieder zurück nach Ulaanbaatar. So können Ana und ich direkt auf dem Hof von Tunga in den Bus einsteigen, weil der Fahrer ihr Schwager ist und der Bus direkt neben dem Ger geparkt wird. In der Hälfte der Strecke steige ich aus, suche mir ein Taxi und fahre weiter zur heißen Quelle von Tzenkher. In dieser Thermalquelle möchte ich badend ein gekühltes Bier genießen, bevor es dann am nächsten Tag 24 Kilometer zu Fuß wieder zurück durch das schöne Tal nach Tzenkher und noch einen Tag später mit dem Linienbus weiter nach Ulaanbaatar geht.
Wieso fährst Du nach Kamschatka weiter? 😉
Es liegt doch auch Schnee in der Mitte des Jahres in der heißen Mongolei….! Es soll noch heißer werden – die Vulkaninsel mit der fließenden Lava…… 😉 Schau Dir die Videos von AIRPANO an….!
Gruesse A