Ich möchte REISEN & nicht RASEN und vor allem Land und Leute kennen lernen. Dabei steht weniger der sportliche Ehrgeiz im Vordergrund, vielmehr ist mir der Kontakt zu den Menschen das Wichtigste. Das Fahrrad dient mir zum Zweck vorwärts zu kommen und um nicht alles tragen zu müssen. Ich möchte einen gesunden Mix aus: Rad fahren & Wandertouren & Reisen (Zug, Fähre, Flieger). Am meisten hupen hier die Truckerfahrer und winken mir dabei fröhlich zu. Ich fühle mich mit ihnen verbunden. Auch sie REISEN auf den Straßen in die große weite Welt. Dann treffe ich Leute, die mal mit dem Rad fahren möchten, um zu wissen, wie es sich anfühlt:
Herzensmomente
Für manchen Mann wecke ich die Sehnsucht nach einer Frau: Da war Michael, der mir den Rucksack abnahm und mich an der Hand im Nationalpark Stolby herum führte. Oder der Taxifahrer Saizev auf dem Weg nach Listwjanka, der mit seiner Schwester zusammen in einem Haus lebt und mich mein Zelt im Vorgarten aufstellen ließ. Machte mir abends einen frischen Omul Salat und spielte mir Lieder auf der Gitarre vor. Da war Boris in Listwjanka, der mir spontan zur Hand ging, als ich mein Fahrrad reparierte und mir abends stundenlang uneingeschränkte Aufmerksamkeit schenkte. Oder Sergej zusammen mit Boris die sich mit dem google Translator Russisch-Deutsch auf das herzlichste von mir verabschiedeten. Manche Männer bleiben in den Dörfern ihr ganzes Leben alleine, weil die Frauen in die Stadt ziehen, um ein bequemeres Leben zu führen. Ich könnte hier an jeder Ecke „gefühlte“ hundert Mal heiraten. Bild am Strand von Listwjanka – rechts und links von mir Anwärter (ganz links Jan aus Bautzen):
Für manche junge Frau wecke ich die Sehnsucht auf die große weite Welt und bekomme spontan einen Ring geschenkt. Wie es mir im Freilichtmuseum Talzy passierte. Oder Elena in Listwjanka, die ihre Abenteuerlust neu entdeckte, sich ein Fahrrad auslieh und mit mir durch den Ort radelte, bzw. spontan mit mir auf einen Berg rannte, um so eine tolle Sicht auf den Baikalsee zu haben. Da war die warmherzige Familie mit zwei kleinen Kindern (8 + 4) und drei Katzenbabys die das Hostel in Sludjanka führen. Oder Juri mit seiner Familie und Eltern in Ulan Ude, wo ich wohnen und am Familienleben teilnehmen durfte. Diese Herzlichkeit in den Familien und der Menschen lassen ganz großes Heimweh in mir hoch kommen und jeder bekommt meine Filme gegen „Heimweh“ zu sehen. Wanja (8 Jahre) im Hostel Sludjanka wollte sie unbedingt auf seinem Stick haben. Nach dicken Krokodilstränen, weil der Stick Gigabyte mäßig zu klein war, fanden wir aber doch noch eine technische Lösung und so erfreut er sich nun der Filme und den selbst gemachten effektierten Bildschirmfoto´s auf dem Familienrechner. Das Abschied nehmen von diesen innigen Begegnungen fällt mir dann immer besonders schwer. Es verbreitet ein Gefühl in mir, länger bleiben zu wollen oder wieder zu kommen.
die Russische Seele
Hast du von den Menschen hier ihr Herz erobert, kannst du dich kaum ihrer grenzenlosen Freizügigkeit erwehren. Bekommst einen Rundflug geschenkt, wirst dem besten Freund vorgestellt, der einen Sauna Komplex besitzt, kannst kostenlos in die Sauna gehen und bekommst noch eine asiatische Massage obendrauf. Als ich erzählte, dass wir in Deutschland gemischt und nackt in die Sauna gehen, war tagelanges Entsetzen und Belustigung zugleich die Reaktion – hier in Burjatien unvorstellbar!!!
In Russland gehen die Frauen mit 55 und die Männer mit 60 in Rente. Allerdings ist die Pension so klein, dass viele nebenher weiter arbeiten. Sie sammeln zum Beispiel Früchte und verkaufen sie am Straßenrand oder wie Vera in Krasnojarsk, die in der Bank putzen geht. Sehr oft werde ich danach gefragt, was ich über die Situation in der Ukraine denke. Ich rede mich dann immer damit heraus, dass ich ja schon sehr lange unterwegs und nicht aktuell informiert bin. Politik ist ein heikles Thema. Ich möchte da nicht ins Fettnäpfchen treten. Es beschäftigt hier fast jeden mit dem ich ins Gespräch komme.
Bonustracks
Bonus Nr. 1: Mit dem Rad – durch Russland zu reisen, gilt als extrem und exotisch zugleich.
Bonus Nr. 2: Als Frau alleine – fühle ich mich ziemlich sicher. Bei den Männern wird der Beschützerinstinkt geweckt und sie finden eine Lösung, dass ich bewacht zelten darf oder wenn ich alleine zelte und mich entdeckt jemand, kommt Bonus 1 und 2 zusammen: Wer mit dem Rad durch Russland fährt und dann noch als Frau alleine im Wald zeltet, gilt als „furchtlos“ und ist zu „stark“.
Bonus Nr. 3: GDR – fast jeder ältere Mann, hat irgendwo in der DDR gedient und kramt aus seinem Hinterstübchen ein, zwei Wörter Deutsch hervor und sofort ist eine Verbindung da.
Hallo Dietrich!
Vielleicht hast du ja Recht und ich bringe ich mir so einen kleinen „Russen“ mit 😉
Mit dem TK Gehalt könnte ich mir durchaus einen leisten.
Die können einfach ALLES. Dann bräuchte ich nichts mehr selber machen. Wär` das ein schönes Leben „grins“.
Beste Grüße aus dem fernen Sibirien, besonders ans Team 3 und natürlich auch an Herrn Düsekow und Frank Loch sendet allen
Heike